Erläuterungen zu den Ensemble-Vorhersagen:

Um frühzeitig und gezielt vor Hochwasser warnen zu können, werden vom Hochwassernachrichtendienst verschiedene, an die Flußgebiete Bayerns angepasste, hydrologische Vorhersagemodelle betrieben. Zur Erstellung von Wasserstands- und Abflussprognosen werden diese Modelle mit gemessenen Klima- und Pegeldaten versorgt und mit Hilfe numerischer Wettervorhersagen angetrieben.

Die Güte der erzeugten Pegelprognosen hängt einerseits von der Qualität des hydrologischen Modells und andererseits von der meteorologischen Vorhersage ab. Auch wenn sich die Wettervorhersagen in den letzten Jahren deutlich verbessert haben, sind sie dennoch mit hohen Unsicherheiten hinsichtlich des zeitlichen Verlaufs und der räumlichen Verteilung behaftet.
Die räumlich-zeitlichen Abweichungen der Wettervorhersagen haben direkten und starken Einfluß auf die Güte der Pegelprognosen. So bestimmt z.B. die räumliche Lage eines Niederschlagsgebietes den in einem Einzugsgebiet empfangenen Gebietsniederschlag oder der zeitliche Verlauf des Niederschlags die Form und den Zeitpunkt des Scheitels einer Hochwasserwelle.
Die Diskrepanzen in der Wettervorhersage rühren daher, dass die numerischen Modelle der Wetterdienste die Realität nur näherungsweise beschreiben können und bereits kleine Unsicherheiten im hochempfindlichen System der Atmosphäre zu großen Vorhersagefehlern führen.
Um diese Unsicherheiten besser abbilden zu können, stellen die Wetterdienste so genannte Ensemble-Vorhersagen bereit. Für ein Ensemble wird eine Vielzahl an Simulationsläufen eines Wettermodelles durchgeführt, wobei jeder Lauf (Member) leicht variiert wird, z.B. durch unterschiedliche meteorologische Anfangsbedingungen oder eine andere Konfiguration in der Modellparametrisierung. Das Resultat ist eine Vielzahl an möglichen zukünftigen Entwicklungen des Wetters (siehe Abb. 1).

Realisierungen der Niederschlagssumme in den Membern eines Ensembles
Abb. 1: Realisierungen der Niederschlagssumme in den Membern eines Ensembles

Mit diesen verschiedenen Wettervorhersagen werden nun die Modelle des Hochwassernachrichtendienstes angetrieben, um somit ihrerseits ein Ensemble an hydrologischen Vorhersagen an den Pegeln zu simulieren.

In Abb. 2 sind die Abflussganglinien an einem Pegel dargestellt, die das hydrologische Modell aus den jeweiligen Membern des meteorologischen Ensembles errechnet hat. Die zum Teil erheblichen Abweichungen einiger Member zeigen hier deutlich den Einfluß der meteorologischen Vorhersagen auf die Abflussprognosen. Ganglinien der Member einer Ensemble-Vorhersage
Abb. 2: Ganglinien der Member einer Ensemble-Vorhersage

Die Eintrittswahrscheinlichkeit für jedes einzelne Member bzw. jede Ganglinie ist gleich groß. Da aber eine Vielzahl an möglichen Ganglinien simuliert wurde, lassen sich daraus statistische Aussagen bezogen auf das gesamte Ensemble ableiten.

Dafür wird aus der Verteilung der Member eine Funktion erstellt mit Hilfe derer Quantile berechnet werden. Ein Quantil gibt den Anteil der Member an, die ober- oder unterhalb dieses Quantils liegen. So sagt z.B. das 90%-Quantil (oder 90%-Perzentil) aus, dass 90% der Member-Ganglinien unterhalb und 10% oberhalb dieses Wertes liegen. Damit lassen sich die Ergebnisse der Ensemble-Vorhersagen auch als Perzentilbänder darstellen.

Perzentilbänder einer Ensemble-Vorhersage
Abb. 3: Perzentilbänder einer Ensemble-Vorhersage. Die Perzentile werden zur Visualisierung als Bänder zusammengefasst. Je ein Band stellt das 90%- und 10%-Perzentil, das 80%- und 20%-Perzentil, das 70%- und 30%-Perzentil und das 60%- und 40%-Perzentil dar.

Bei der Betrachtung der Perzentilbänder gilt: je breiter (oder unschärfer) das Unsicherheitsband ist, desto größer ist die Unsicherheit in der Wettervorhersage und dadurch auch in der Vorhersage der Abflüsse. Die Perzentilbänder bilden somit die räumliche und zeitliche Variabilität des Ensembles (vgl. Abb. 1) ab. Im Gegensatz dazu wird bei den so genannten deterministischen Vorhersagen lediglich eine einzige Vorhersage berechnet, also keine verschiedenen Niederschlagsverteilungen berücksichtigt. Daher kann eine deterministische Vorhersage keine Aussagen machen, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Vorhersage innerhalb bestimmter Grenzen zutrifft.

Die Ensemble-Vorhersagen werden basierend auf denselben Modellen wie die regulären, deterministischen Vorhersagen erstellt. Vor der Veröffentlichung der deterministischen Vorhersagen werden diese manuell vom Fachpersonal geprüft und um die beste Vorhersagegüte zu erlangen werden ggf. Korrekturen an Modellparametern vorgenommen. Aufgrund der hohen Datenmengen bei der Ensemble-Vorhersage ist diese manuelle Prüfung nicht möglich, so dass dadurch bedingt Abweichungen in der Abflussvorhersage entstehen können. Die Ensemble-Vorhersagen ersetzen somit nicht die geprüften Vorhersagen, sondern ergänzen diese und vermitteln einen Eindruck über die Unsicherheit bzw. Spannbreite der meteorologischen Situation.

Für die Erstellung der Ensemble-Vorhersagen werden in der Hochwasser-Vorhersage derzeit vier verschiedene Ensembles verwendet, die über den Deutschen Wetterdienst (DWD) bezogen werden:

UTC (Weltzeit) entspricht der Mitteleuropäischen Sommerzeit - 2 Stunden bzw. Mitteleuropäischen Zeit (Winterzeit) - 1 Stunde.



Links:

Ensemblevorhersagen des DWD